Hämodynamik
Hämodynamik:
Lehre von den physikalischen Grundlagen der Blutbewegung (DUDENREDAKTION, o. J.)
Biophysikalische Grundlagen der Hämodynamik:
Blut ist keine newtonsche Flüssigkeit, wie z.B. Wasser, sondern ein heterogenes Gemisch aus zellulären Bestandteilen und Blutplasma. Diese bilden eine Suspension mit veränderbarer Zähflüssigkeit, der sogenannten Viskosität.
Der Volumenanteil der Blutzellen wird als Hämatokrit bezeichnet und vor allem durch die Anzahl der Erythrozyten bestimmt. Die Viskosität entsteht durch innere Reibung und wird entsprechend größer, je höher der Hämatokrit und die Plasmaproteinkonzentration sind.
Sie wird aber zusätzlich durch die Fließgeschwindigkeit des Blutes und den Gefäßdurchmesser beeinflusst. Bei geringer Fließgeschwindigkeit nimmt die Viskosität des Blutes zu, während sie bei kleinem Gefäßdurchmesser (< 0,3 mm) abnimmt.
Die innere Reibung des Blutes stellt einen Widerstand für den Blutfluss im Gefäßsystem dar. Viel größer ist allerdings der Strömungswiderstand des Gefäßsystems selbst, welcher in den kleinen Gefäßen und Kapillaren am höchsten ist.
Zudem kann dieser durch die Durchblutungsregulation, welche vor allem in den Arteriolen stattfindet, verändert werden. Dies geschieht mittels Vasokonstriktion und Vasodilatation und wird je nach Bedarf des zu versorgenden Organs geregelt. Deshalb wird eine Druckdifferenz in den Gefäßen benötigt, um den Strömungswiderstand zu überwinden.
Entsprechend dem Ohm‘schen Gesetz gilt:
Stromstärke = Druckdifferenz / Widerstand
Dabei wird die Stromstärke in einer Einheit wie z.B. ml/min angegeben und gibt das pro Zeiteinheit durch ein Organ fließende Blutvolumen an.
Die Druckdifferenz besteht zwischen Anfang und Ende eines jeweiligen Blutkreislaufs. Im Körperkreislauf (Hochdrucksystem) wird das Blut mit hohem Druck in die Aorta gepumpt und kommt mit niedrigem Druck in den rechten Vorhof zurück. Im Niederdrucksystem des Lungenkreislaufs ist die Druckdifferenz entsprechend geringer.
Die Druckdifferenz steigt bei größerem Herzzeitvolumen oder peripherem Widerstand (z.B. bei Vasokonstriktion der Arteriolen), aber auch mit abnehmender Elastizität der Arterienwände in der Peripherie (siehe unten). Sie sinkt im Umkehrschluss bei Vasodilatation der Arteriolen.
BEACHTE:
Die lineare Beziehung zwischen Druckdifferenz und Stromstärke besteht nur bei laminarer Strömung (Ohm‘sches Gesetz).
Der Gesamtwiderstand eines Gefäßes hängt dagegen von der Viskosität des Blutes, der Länge und vor allem vom Radius des Gefäßes ab.
Dies wird durch das auf den Blutkreislauf nur bedingt anwendbare Hagen-Poiseuille-Gesetz ausgedrückt, in welchem der Gefäßradius in der 4. Potenz angewendet wird. Hierbei ist vor allem wichtig, dass dementsprechend der Gesamtwiderstand bereits durch kleinste Veränderungen des Gefäßradius stark verändert werden kann. Durch das allgemeine Strömungsgesetz (Ohm‘sches Gesetz) wird deutlich, dass dies wiederum auch Auswirkungen auf Blutdruck und / oder Blutfluss hat.
Fazit:
Kleine Veränderungen des Gefäßradius haben große Veränderungen des Gesamtwiderstands zur Folge und damit auch großen Einfluss auf den Blutfluss selbst.
Im Gegensatz zu starren Röhren mit gleichmäßiger, laminarer Strömung, für die das Hagen-Poiseuille-Gesetz gilt, besitzen Blutgefäße eine Dehnungsfähigkeit, die sogenannte Compliance. Allerdings ist die Dehnungsfähigkeit der einzelnen Gefäße sehr verschieden und hängt stark vom jeweiligen Aufbau der Gefäßwände ab.
Dadurch haben Venen eine wesentlich höhere Dehnungsfähigkeit als Arterien und auch bei den Arterien unterscheidet sich diese, je nach Lage bzw. Entfernung zum Herzen.
Herznahe Blutgefäße wie die Aorta haben eine höhere Elastizität, welche durch den Druckanstieg während der Systole eine passive Dehnung ermöglicht. Dadurch kann nicht nur das Herzschlagvolumen teilweise gespeichert werden, sondern auch ein Teil der kinetischen in potenzielle Energie umgewandelt werden. Wenn sich zum Ende der Systole die Aortenklappen schließen, wird die Energie zurückverwandelt. Nun kann der Rest des Herzschlagvolumens während der Diastole im Körperkreislauf weiterfließen und es entsteht ein kontinuierlicherer Blutfluss.
Auch die Blutdruckamplitude kann durch diese sogenannte Windkesselfunktion der Aorta niedriger gehalten werden. Die Elastizität der Arterienwände nimmt aber nicht nur mit der Entfernung zum Herzen ab, sondern auch mit dem Alter, wodurch der Blutdruck auch bei Tieren mit zunehmendem Alter steigt und dadurch auch die Strömungsgeschwindigkeit größer wird.
Bei bekanntem Winkel zwischen Gefäßachse und Dopplerschallstrahl, ermöglicht es uns die Dopplersonographie Strömungsgeschwindigkeiten (z.B. in cm/sec) in Gefäßen zu messen.
Für die mittlere Strömungsgeschwindigkeit gilt:
mittlere Strömungsgeschwindigkeit = Stromstärke / Querschnitt der jeweiligen Gefäße
Im Gefäßsystem kommt es zu einer weiten Verzweigung der Arterien bis hin zu den Kapillaren, wodurch zwar der einzelne Gefäßquerschnitt kleiner wird, aber der Gesamtquerschnitt nimmt zu. Bleibt die Stromstärke dabei gleich, nimmt im Umkehrschluss die Strömungsgeschwindigkeit mit zunehmender Verzweigung ab.
Das Blut fließt also in den Kapillaren deutlich langsamer als in der Aorta, wodurch in diesen ein Gas-, Flüssigkeits- und Stoffaustausch zwischen Blut und Gewebe möglich wird.
Bei Betrachtung der Dopplerkurven eines Gefäßes, bei welchem das Messvolumen das gesamte Gefäß einschließt, wird außerdem deutlich, dass sich die Blutkörperchen mit verschiedenen Strömungsgeschwindigkeiten im Gefäß bewegen.

Auch gibt es meist eine zeitliche Veränderung der Strömungsgeschwindigkeiten im Gefäß, welche zyklischen Charakter hat.
Zweiteres hängt damit zusammen, dass der Blutkreislauf ein pulsatiles System ist, welches durch die Herzaktionen bestimmt wird. Zudem hängt der Gesamtwiderstand in den Gefäßen stark von dem zu versorgenden Organ und seinem Gefäßbett ab.

Die Windkesselfunktion der großen, herznahen Arterien ermöglicht zwar einen kontinuierlicheren Fluss, doch vor allem in den Arterien und herznahen Venen sind deutliche Veränderungen des Blutflusses in Systole und Diastole erkennbar. Diese Pulsatitlität beeinflusst auch die Strömungsform des Blutes und damit die Verteilung der Strömungsgeschwindigkeiten im einzelnen Gefäß, welche zusätzlich zur Gefäßgröße stark von der Nähe bzw. Entfernung zum Herzen abhängt.